Der Prozess der zufälligen Auswahl der Teilnehmenden für einen Bürgerrat kann sehr unterschiedlich ausgestaltet werden.
In den allermeisten Anwendungsfällen auf kommunaler Ebene dient das Einwohnermelderegister als Datengrundlage. Die einfachste Möglichkeit besteht darin, Personen per Zufallsgenerator aus dem Melderegister auszuwählen, schriftlich einzuladen und die verfügbaren Plätze nach dem Windhund-Prinzip zu vergeben.
Das große Problem jedes Zufallsauswahlprozesses ist allerdings die Freiwilligkeit der Teilnahme, die in dieser einfachen Variante nicht berücksichtigt wird. Denn die ausgelosten Personen können sich auch gegen eine Teilnahme entscheiden, wodurch sich der erwünschte Effekt des Losens – nämlich eine möglichst diverse Gruppe von Menschen zusammenzustellen – abschwächt. Denn manche Bevölkerungsgruppen neigen eher dazu, eine Einladung anzunehmen, als andere. Bei durchschnittlich nur 5–10 % Rücklauf bei der einfachen Variante der Zufallsauswahl ist dieses Problem erheblich.
Die Ausgestaltung der Zufallsauswahl muss deshalb diese Problematik berücksichtigen. Dafür gibt es zwei Möglichkeiten:
- Erstens kann versucht werden, die Rücklaufquote aus den Einladungen zu maximieren – also die Eingeladenen zu überzeugen, mitzumachen.
- Zweitens kann man bei der Zufallsauswahl aus dem Datensatz im Anmeldeprozess die Diversität der Gruppe kontrollieren – also z.B. die Verteilung von Alter, Geschlecht oder Wohnort der Teilnehmenden berücksichtigen.
Eine geeignete Ausgestaltung des Los- und Einladungsverfahrens wie im Beispiel ermöglicht es, die Probleme von Einseitigkeit und Exklusion zu verringern. Es nehmen nicht wie oftmals bei offenen Veranstaltungen lediglich “die üblichen Verdächtigen” einer Kommune teil. Die Zufallsauswahl bewirkt andere Zusammensetzungen und schafft besondere Voraussetzungen für ihre Zusammenarbeit: Niemand steht unter dem Druck, jemand anderen außer sich selbst vertreten zu müssen.
Diese Tipps helfen, um das Los- und Einladungsverfahren erfolgreich zu gestalten:
- Ein überzeugendes Einladungsschreiben in einfacher Sprache – persönlich von der Bürgermeisterin/ dem Bürgermeister, mit einer ansprechenden grafischen Gestaltung. Wichtig: Der Brief sollte von außen nicht wie eine Amtsmitteilung aussehen, das kann auf viele Menschen abschreckend wirken. Hier kann zum Beispiel ein farbiges Kuvert helfen.
- Gute Öffentlichkeitsarbeit, die sich an Überlegungen orientiert, wie und wo mögliche Zufallsbürgerinnen und –bürger gut über den Beteiligungsprozess informiert werden können. Basis dafür sind mehrsprachige Informationsangebote auf einer zentralen Website der Kommune.
- Weiter sind Angebote einzuplanen, um die Hürden einer Teilnahme aktiv zu senken: z.B. durch die Möglichkeit der Verdolmetschung oder Kinderbetreuung während des Bürgerrates.
- Die Einladung nicht nur schriftlich, sondern möglichst persönlich übergeben: Wenn beispielsweise der Bürgermeister selbst zum Telefon greift und ausgeloste Personen um die Teilnahme bittet, kann das den Rücklauf enorm steigern. Auch die Übergabe der Einladungen an der Haustür – z.B. durch Mitglieder des Gemeinderates oder der Verwaltung funktioniert in kleineren Kommunen sehr gut und zuverlässig. Das nennt sich “aufsuchende Beteiligung” und hat eine hohe Erfolgsquote. Die LOSLAND Kommune Coesfeld hat gezeigt, warum sich das Klingeln an der Haustür von ausgelosten Bürgerinnen und Bürgern lohnt.
Hier gibt es einen Einblick, welche Rolle Öffentlichkeitsarbeit rund um einen Bürgerrat spielen kann.